Die Gefährdungsbeurteilung ist ein zentrales Instrument des Arbeitsschutzes. Sie hilft dabei, Gefahren beim Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten systematisch zu erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten – gemäß Gefahrstoffverordnung (GefStoffV).
Schrittweises Vorgehen
1. Stoffe und Tätigkeiten erfassen: Zuerst erfassen verantwortliche Personen (z. B. Fachkraft für Arbeitssicherheit), welche brennbaren Flüssigkeiten im Betrieb eingesetzt oder gelagert werden – in welchen Mengen, Konzentrationen und bei welchen Tätigkeiten (z. B. Reinigen, Abfüllen, Lackieren). Alle Stoffe werden im Gefahrstoffverzeichnis dokumentiert – inklusive Eigenschaften wie Flammpunkt, Gesundheitsrisiken usw. (Sicherheitsdatenblatt).
2. Gefahren ermitteln: Für jede Tätigkeit analysieren Verantwortliche, welche Gefährdungen entstehen können:
Brandgefahr (z. B. durch heiße Oberflächen, Funken, offene Flammen)
Explosionsgefahr (z. B. bei Verdunstung in geschlossenen Räumen)
Gesundheitsgefahr (z. B. durch Einatmen oder Hautkontakt)
Umweltgefahr (z. B. bei Leckagen)
Dabei werden auch mögliche Dampfquellen, Zündquellen und Transportwege betrachtet.
3. Risiko bewerten: Anschließend erfolgt eine Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit und der möglichen Schadensschwere. Dabei berücksichtigen Fachkräfte z. B. die Raumgröße, Lüftung, vorhandene Schutzmaßnahmen und typische Arbeitssituationen. Auch Worst-Case-Szenarien (z. B. umgekippter Kanister) fließen ein. Grundlage dafür sind Erfahrungswerte, technische Regeln (TRGS) und normgerechtes Fachwissen.
4. Schutzmaßnahmen festlegen: Auf Basis der Risikobewertung erfolgt die Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen – nach dem STOP-Prinzip:
Substitution: Ersatz durch weniger gefährliche Stoffe (z. B. wasserbasierter Reiniger statt Lösemittel)
Technische Maßnahmen: Absaugung, geschlossene Systeme, EX-geschützte Geräte, Lösungsmittelsensoren, Sicherheitsschränke
Organisatorische Maßnahmen: Mengenbegrenzung, Arbeitsanweisungen, Zutrittsbeschränkung, Reinigungspläne, Notfallorganisation
Persönliche Schutzausrüstung (PSA): z. B. Schutzhandschuhe, Schutzbrille, Atemschutz – abhängig von Tätigkeit und Gefahrstoff
5. Explosionsschutzdokument erstellen (falls erforderlich): Wenn bei Tätigkeiten mit brennbaren Flüssigkeiten gefährliche explosionsfähige Atmosphäre entstehen kann, ist ein Explosionsschutzdokument verpflichtend (nach GefStoffV/BetrSichV). Es enthält unter anderem:
Zonenklassifizierung (z. B. Zone 0, 1, 2)
Ermittlung und Bewertung aller Zündquellen
Beschreibung technischer und organisatorischer Schutzmaßnahmen
6. Umsetzung und Unterweisung: Alle Schutzmaßnahmen müssen praktisch umgesetzt und eingehalten werden. Dazu zählen z. B. der Einbau von Lüftungstechnik, Einrichtung geeigneter Lagerplätze oder Beschaffung von PSA. Alle betroffenen Beschäftigten werden unterwiesen – sie erhalten verständliche Erklärungen zu den Gefahren und zur korrekten Verhaltensweise im Arbeitsalltag.
7. Dokumentation und Nachverfolgung: Die Gefährdungsbeurteilung wird schriftlich festgehalten und dient als Nachweis gegenüber Aufsichtsbehörden – aber vor allem als Arbeitsgrundlage im Betrieb. Daraus entstehen z. B. Betriebsanweisungen, die gut sichtbar ausgehängt werden. Eine regelmäßige Überprüfung ist Pflicht – mindestens einmal jährlich sowie bei Änderungen (z. B. neuer Stoff, veränderte Prozesse, Vorkommnisse).
Fazit
Eine fundierte Gefährdungsbeurteilung hilft, Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen wirksam umzusetzen. Führungskräfte und Beschäftigte tragen gemeinsam Verantwortung: durch aktives Mitwirken, konsequente Anwendung der Regeln und regelmäßige Rückmeldungen. So entsteht ein sicherer und verantwortungsvoller Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten.